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Verfasst am 03.02.2020 um 12:00 Uhr

Kleingärten sind die wirksamsten CO2-Speicher   

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Forschungsprojekt NatKoS der Humboldt Universität weist nach: Humus bindet Kohlenstoff am besten   


Geht es um Klimaschutz in der Stadt, stehen Dinge wie Gebäudedämmung, Elektromobilität oder die Förderung regenerativer Energieträger im Blickpunkt. Aber was leisten die urbanen Ökosysteme wie (Klein-)Gärten, Parks oder auch das Straßenbegleitgrün für den Klimaschutz? Die Speicherung des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) im Humus des Bodens und in der Biomasse des Stadtgrüns und die damit verbundenen Potenziale für den Klimaschutz in Berlin wurden am Fachgebiet Bodenkunde und Standortlehre der Humboldt-Universität zu Berlin untersucht. Das zwischen 2016 und 2019 durchgeführte Projekt „NatKoS“ („Natürliche Kohlenstoffspeicher“) wurde im Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung (BENE) gefördert.


Kohlenstoffspeicher urbaner Nutzungstypen
Das wertgebende Kriterium für die Klimaschutzleistung eines urbanen Ökosystems ist die Menge an gespeichertem organischem Kohlenstoff, da dieser einst in Form von CO2 der Atmosphäre entzogen wurde. Die Kohlenstoffspeicher im Boden und in verschiedenen Vegetationsstrukturen (Bäume, Sträucher, Gräser/Kräuter) wurden nach Nutzungstypen differenziert ermittelt.
Dazu wurden umfangreiche Vegetations- und Bodenkartierungen an 231 Standorten durchgeführt. Aus humosen Bodenhorizonten im Ober- und Unterboden wurden Proben entnommen und diese im Labor auf die Kohlenstoffgehalte und Trockenrohdichten hin untersucht. Zudem wurden Trockenmassen von Pflanzenproben zur Berechnung typischer Kohlenstoffspeicher von verschiedenen Vegetationsstrukturen bestimmt.


Spitzenwert für den Nutzungstyp Kleingarten
Insgesamt wurden 1850 Proben analysiert. Aus dem umfangreichen Datensatz wurden typische mittlere Kohlenstoffspeicher ermittelt. Die Streuung der Einzelwerte innerhalb eines Nutzungstyps ist zum Teil sehr hoch, da die individuelle Nutzungsgeschichte eines Standortes die Kohlenstoffspeicher stark beeinflussen kann.
In Berlin liegen die Kleingärten mit einem gesamten natürlichen Kohlenstoffspeicher von 19,6 kg C/m2 auf dem Spitzenplatz, was an den sehr hohen Humusgehalten in den Böden liegt. Gründe dafür sind die häufige Anlage von Kleingärten auf natürlicherweise humusreichen Grundwasserstandorten und die Anlage auf ehemaligen Rieselfeldern. Vor allem aber wirkt sich die systematische Humusanreicherung durch gärtnerische Aktivitäten mit dauerhaftem, großen Eintrag organischer Substanz positiv auf die Humusmengen aus. Diese werden durch Umgraben in der Regel auch tiefer verlagert als bei anderen Nutzungen und so vor Humusabbau geschützt.


Dagegen sind die dauerhaften Kohlenstoffspeicher in der pflanzlichen Biomasse der Kleingärten vergleichsweise gering, da die Höhe von Bäumen und Gehölzen reglementiert und damit begrenzt ist. Der sehr bedeutende Kohlenstoffspeicher von großen Altbäumen ist in der Regel nicht vorhanden.


Den Böden der Privatgärten und Grünanlagen der Siedlungsgebiete fehlen die oben genannten Merkmale der Kleingartenböden meistens. Unter Rasenflächen sind sie eher humusarm, oft sind jedoch durch Bautätigkeit begrabene Humushorizonte im Unterboden zu finden, welche einen zusätzlichen Kohlenstoffspeicher in diesen Böden darstellen.

Bei den Vegetationsstrukturen gilt: Je höher der Gehölzanteil ist, desto mehr CO2 wird dauerhaft gespeichert. Daher speichern baumreiche Gärten weit mehr Kohlenstoff als rasenreiche Ziergärten mit Blumenrabatten. Die Waldbestände in den Berliner Forsten speichern mit 9,7 kg C/m2 in der Holzbiomasse am meisten Kohlenstoff pro Flächeneinheit.


Der Sonderfall der Berliner Moore, welche alle in Schutzgebieten liegen, soll nicht unerwähnt bleiben. Moorökosysteme speichern immer weitaus am meisten organischen Kohlenstoff, in Berlin 147,5 kg C/m2 auf einer Gesamtfläche von 740 ha. Daher ist Moorschutz immer auch Klimaschutz.
Die Berliner Moore wurden in einem früheren Forschungsprojekt ebenfalls am Fachgebiet Bodenkunde und Standortlehre an der Humboldt-Universität zu Berlin untersucht (www.berlinermoore.hu-berlin.de).


Gesamter natürlicher CO2-Speicher Berlins
Im Humus der Berliner Böden werden mit 5,5 Millionen Tonnen dauerhaft sehr große Mengen Kohlenstoff gespeichert. Davon enthalten allein die Moorböden schon 1,1 Millionen Tonnen.
Auch in der Biomasse des Stadtgrüns sind 3,3 Millionen Tonnen Kohlenstoff fixiert. Insgesamt entspricht diese Menge 32,1 Millionen Tonnen CO2. Im Vergleich liegt dieser natürliche Kohlenstoffspeicher deutlich über dem gesamten jährlichen CO2-Ausstoß Berlins (16,9 Millionen Tonnen im Jahr 2016, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg). Die natürlichen Kohlenstoffspeicher in Boden und Vegetation sind ein hohes (Klima-)Schutzgut und bei Flächenumwidmung immer planungsrelevant. Daher wurde im NatKoS-Projekt eine Planungsgrundlage entwickelt, um die natürlichen Kohlenstoffspeicher sichtbar und planbar zu machen.


Gärtnern für den Klimaschutz
Der Schutz und die Förderung der natürlichen Kohlenstoff - bzw. CO2- Speicher im Garten ist unter Berücksichtigung einiger Punkte einfach möglich:
• Traditionelle gärtnerische Bodennutzung und Kompostwirtschaft fördern den Humusaufbau.
• Verzicht auf torfhaltige Substrate ist aktiver Moorschutz und dient der Bewahrung ihrer riesigen Kohlenstoffspeicher.
• Erhaltung und Neupflanzung von Gehölzen erhöht den Kohlenstoffspeicher in der Biomasse von Gärten, besonders auf oder als Ersatz von Rasenflächen.
• Entsiegelung von Flächen bietet Raum für Biomasse- und Humusaufbau (CO2-Fixierung).

Dr. Christian Klingenfuß
Humboldt-Universität zu Berlin, Fachgebiet Bodenkunde und Standortlehre
Ausführliche Informationen auf https://hu.berlin/natkos


Dieser Artikel ist in der Februar-Ausgabe 2020 der Verbandszeitschrift  "Gartenfreund" des Berliner Kleingartenwesens erschienen und mit freundlicher Genehmigung des Autoren und des Verlags W. Wächter auch hier. 


Grafik: Forschungsprojekt NatKos