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Verfasst am 01.02.2018 um 15:00 Uhr

Zum Klimawandel im Berliner Kleingartenwesen – ein Streifzug

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Worauf es im klimaangepassten Garten ankommt


von Eva Foos, Humboldt-Universität


Das Kleingartenwesen in Berlin befindet sich im Klimawandel: Trockenperioden und Hitzewellen in den Sommermonaten nehmen stark zu. Gleichzeitig ist mit dem vermehrten Auftreten von Starkregenereignissen zu rechnen. Die Temperaturen steigen, besonders spürbar im Herbst und Winter, der Jahreszeit, die den Hauptanteil der Jahresniederschläge verzeichnet. In welchen Jahren Extremereignisse wie Dürreperioden und Starkregen auftreten, ist nicht vorhersagbar. Die Auswirkungen des Klimawandels auf chemische und biologische Prozesse im Garten sind vielschichtig und komplex. Chancen und Herausforderungen werden sichtbar und Fragen zum Handlungsbedarf treten verstärkt in den Vordergrund.


Vielfalt und Veränderungen

Auch sozial „wandelt sich das Klima“: Wo alles einmal damit begann, für die Selbstversorgung notwendige Nahrungsmittel, wie Gemüse, Obst und Kräuter anzubauen, stehen heute je nach Gärtner Ernährung, Erholung, Gemeinschaft, Inklusion, Rückzug oder auch Gartenästhetik, Stadtökologie und Umweltbildung im Vordergrund. Dies drückt sich in der Gestaltung der einzelnen Parzellen und im sozialen Engagement aus. Die Vielfalt und Veränderungen bringen Neues und Bereicherndes mit sich – und auch Herausforderungen und Konflikte.

Der passionierte Gärtner Stephan Schmidt stellt im Garten- und Informationszentrum Pankow den Aufbau von Wurmkisten vor. Foto: Eva Foos

Wie können wir mit Veränderungen umgehen, deren Reichweite wir bisweilen gar nicht abschätzen können? Eine Möglichkeit besteht sicher darin, vorhandene Ressourcen zu schützen und soweit es geht zu mehren. Eine weitere liegt darin, sich dem Unbekannten gegenüber zu öffnen, Neues zuzulassen und auszuprobieren. Beide Ansätze sind vielerorts in vielfältigen Formen anzutreffen.


Im klimaangepassten Gärtnern geht es vorrangig darum, die Ressourcen Boden, Wasser und Luft zu schützen und wo möglich zu mehren. Insbesondere der Boden mit seinen mannigfaltigen Funktionen spielt durch seine Pufferwirkung eine zentrale Rolle. Viele altbekannte Maßnahmen, wie das Regenwasser aufzufangen, in den frühen Morgenstunden zu gießen, den Boden ganzjährig zu bedecken, um ihn vor übermäßiger Verdunstung und vor Erosion zu schützen, spielen eine wichtige Rolle. 


Bodenleben fördern

Beim Boden geht es vor allem darum, das Bodenleben zu fördern. Hier ist Fachkunde sowohl in der Anlage und Pflege des Komposthaufens als auch beim Ausbringen des organischen Materials im Garten gefragt. Auch wilde Pflanzen und Tiere stellen eine wesentliche schützenswerte Ressource dar. Eine hohe Insektenvielfalt und Igel und Maulwurf helfen, unliebsamen Insekten Einhalt zu gebieten. Ebenso verhält es sich mit Wildpflanzen. Eine bunte Mischung schafft unter anderem eine gute Grundlage für ein breites Spektrum an Bodenorganismen, die wiederum einen fruchtbaren Boden mit hoher Pufferkapazität hervorbringen und erhalten. Ein gesunder humoser Boden speichert Wasser und Nährstoffe und hilft so über trockene Wochen hinweg. 

Gärtnerinnen und Gärtner aus Klein- und Gemeinschaftsgärten sowie Umweltwissenschaftler der TU Berlin nach der Fertigstellung eines Grauwasserturms. Foto: Paula Zinsmeister

Mut zum Experimentieren

Neues auszuprobieren kann beispielsweise bedeuten, mit alten Sorten und exotischen Nutzpflanzen zu experimentieren, Methoden zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit wie Terra Preta zu erproben und Wege zu finden, Grauwasser als ergänzende Quelle für die Bewässerung einzusetzen. Saatgut- und Pflanzentausch und das Teilen von Gartenwerkzeugen wie Rasenmähern können zudem zum Klimaschutz und zur Gemeinschaftsbildung beitragen.


Im sozialen Miteinander liegen wertvolle Ressourcen in Strukturen und einer Kommunikationskultur, die Gemeinschaft fördern ebenso wie das gemeinsame Lernen und einen konstruktiven Umgang mit Konflikten. Begegnen sich Menschen respektvoll und auf Augenhöhe, können sich die vielfältigen Anschauungen, Erfahrungen und Kenntnisse gegenseitig befruchten; damit ein Klima für eine lebenszugewandte Auseinandersetzung mit Veränderungen aller Art entsteht. Dazu gehört auch die Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis: Kleingärtnerinnen und Kleingärtner verfügen über einen reichen Erfahrungsschatz und ein profundes Fachwissen zu ökologischen Zusammenhängen und zu Maßnahmen, die ein gesundes Pflanzenwachstum ermöglichen. Zusammen mit dem Wissen von Fachberaterinnen und Fachberatern gibt es hier eine wertvolle Grundlage, um sich den Klimaveränderungen angemessen stellen zu können. Ökologisch bewirtschaftete Kleingartenparzellen und -anlagen und Schaugärten der Bezirksverbände und Vereine bieten Möglichkeiten, sich intensiver mit einem nachhaltigen ressourcenschonenden Gärtnern auseinanderzusetzen. 


Empfehlungen zum klimagerechten Gärtnern

Klimafolgenmonitoring im Fokus

In gemeinsamen Projekten wird beispielsweise der Weinanbau als klimaangepasste regionale Gartenpraxis (wieder) ins Leben gerufen. Der Deutsche Wetterdienst sucht ehrenamtliche Beobachterinnen und Beobachter „phänologischer“ Veränderungen, unter anderem im Bereich der Klima(folgen)forschung. Solch „Klimafolgenmonitoring“ ist  eine Schnittstelle, an der sich Forschungsinstitutionen und Gärtnernde treffen können, und das auch seitens der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zum Beispiel im Rahmen des „Anpassungskonzepts an die Folgen des Klimawandels in Berlin“ besondere Beachtung erfährt. Das Thema ist im politischen Raum angekommen und wird finanziell und ideell gefördert. Die Ansätze reichen von der Auszeichnung klimaangepasster Kommunen durch das Label „StadtGrün naturnah“ bis hin zu entsprechenden Bildungs- und Forschungsprojekten, an denen der Landesverband Berlin der Gartenfreunde sowie Bezirksverbände, Vereine und viele Einzelpersonen maßgeblich mitwirken. 


Fazit

Die bewusste Gestaltung und Pflege des eigenen Gartens und des sozialen Miteinanders kann ein gesundes und lebensförderndes Klima in Berlin begünstigen und über die Zäune einzelner Gartenparzellen hinaus weitreichende Wirkung entfalten. Im Kleingartenwesen gibt es dafür schon vielfache Beispiele. Auf dass diese und noch viele weitere gedeihen und in Zusammenarbeit mit weiteren Unterstützern die Stadt als lebenswerten Ort erhalten und gestalten!

 



Eva Foos, Humboldt-Universität zu Berlin

Weitere Informationen

Gartenfachberatung auf Landes- und Bezirksebene: www.gartenfreunde-berlin.de/gartenfachberatung

Anregungen zum klimaangepassten Gärtnern und Projekte zur klimaangepassten Entwicklung von Stadtgrün: www.agrarberatung.hu-berlin.de/forschung, zum Beispiel die Projekte:

Urbane Klima-Gärten: eine Bildungsinitiative in der Modellregion Berlin (2015 bis 2017)

Grüne Klimaoasen: Integrierte Stadtgrünentwicklung in Berlin Marzahn-Hellersdorf (12/2017 bis 11/2020) 

Berufliche Fort- und Weiterbildung zur klimaangepassten Grünflächenpflege (10/2017 bis 9/2019)



Die Klimaserie ist in der Verbandszeitschrift "Berliner Gartenfreund" des Landesverbands Berlin der Gartenfreunde e. V. erschienen, mit freundlicher Genehmigung des Verlags W. Wächter auch hier.